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Necati Öziri. Vatermal

Necati Öziri. Vatermal

Eingelesen von Eray von Egilmez.

Was für ein atemberaubendes, wundervolles, unerhört intensives Buch.

Arda liegt nach einem Organversagen auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Er hat große Angst vor den Ergebnissen seiner Blutuntersuchung und weil er deshalb nicht schlafen kann, beginnt er einen Brief an seinen Vater. Metin hat schon vor langer Zeit die Famiie verlassen, ist eines Tages einfach gegangen. Arda schreibt ihm auch um seinem Vater die Chance zu nehmen zu sagen, er hätte das alles nicht gewusst. Adar erzählt in seinem Brief (s)eine ganze Familiengeschichte, die mit der Geschichte der 13 Jährigen Ümran beginnt, der Mutter von Adar und Aylin. Adar erzählt auch die Geschichte zwischen Ümran und ihrer Tochter Aylin. An einer Stelle schreibt Adar, dass auch seine Mutter die Wahl hatte zu gehen, er erzählt von Ümran’s großer Liebe, er berichtet davon, dass Ümran sich aber für ihre beiden Kinder entschieden hätte, ohne zögern und ohne Reue.

Vatermal ist rau, sensibel, empathisch, intensiv, beklemmend, warmherzig, Sasha Marianna Salzmann nennt es ein Gefühlsgewitter und genau das empfinde ich tatsächlich auch. Necati Öziri erzählt eine Familiengeschichte. In jeder Sekunde fühle ich mit, lache laut um manchmal nur einige Sätze später mit Tränen zu kämpfen. Hoffentlich werden Gschichten wie Vatermal, Dschinns, Nachts in es leise in Teheran, Ministerium der Träume und all die anderen Geschichten bald in Unterrichten an Schulen gelesen werden. Bis dahin steht Vatermal auf der Longlist des Deutschen Buchhandels 2023. Adar wäre das, glaube ich, nicht wichtig. Ich hoffe dagegen, dass Vatermal den Preis gewinnt. Es ist so unsagbar wichtig, dass wir endlich unsere Aufmerksamkeit diesen Geschichten widmen, dass wir fühlen und begreifen, wieviel Leid wir tagtäglich ignorieren.

Übrigens: Das ist unbedingt auch ein Buch für Männer. Wir können lesen, fühlen und immer wieder begreifen das unsere Schwestern und Mütter es sind, die Werte weitergeben indem sie sie vorleben. Fight Patriarchy!

Nikole Hannah-Jones und The New York Times Magazine. 1619

Nikole Hannah-Jones und The New York Times Magazine. 1619

Es war ruhig hier. Oder? Oder nicht? Ja, es war ruhig. Und gleichzeitig war es in mir unruhig. Viel Privates. Viel Aufrüttelndes. Viel Verstörendes und kein Trost. Ich brauche Bücher. Ich brauche Gedanken, Neue und Alte. Ich möchte und ich muss mich beschäftigen, ich muss und möchte mich entwickeln.

Ganz schön viel ich. Es ist Zeit zurück zu treten hinter ein Werk, hinter eine Geschichte, gewoben aus unzählbar vielen Geschichten, entstanden durch das Leben so vieler. Nikole Hannah-Jones präsentiert einen Gegenentwurf. Nein, sie präsentiert die wirkliche Geschichte der USA. Wer hat den Erfolg der Pilgerväter möglich gemacht? Wer hat den Preis bezahlt? Ich nehme mir immer wieder vor: Wende Deinen Blick nicht auf die USA. Nehme Deine eigenen Geschichten wahr. Da gibt es so viel zu wenig oder vollkommen unerzählte Geschichte und Geschichten. Da gibt es so viele Blickwinkel. Und dann passiert mir die Begegnung mit einem Monolithen wie dem mit dem Titel 1619. Unfassbar viel zu lernen aber, viel mehr, unfassbar viele Chancen zu vervollständigen. Sich komplett machen. Raum geben. Sich selbst und seine weiße Sichtweise abschalten. Sich führen lassen. Und auf die Reise gehen durch Race und Class und all die anderen Weiten, die von den weißen Sichtweisen so großzügig übersehen werden. Immer wieder. Auch heute noch. Immer. Wieder. Schaut. Schaltet auf Empfang. Schickt Senden auf Urlaub.

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