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Fiston Mwanza Mujila. Tram 83

Fiston Mwanza Mujila. Tram 83

Ein Buch über das Wiedersehen zweier alter Freunde. Lucien, ein Schriftsteller ist geflohen vor Erpressung und Zensur trifft Requim wieder, der ein Leben als Kleinkrimineller führt, sich aber eigentlich nur durch sein Leben schlawinern will und muss. Ein dritter Protagonist oder eigentlich für mich der Hautprotagonist ist das Tram 83, ein Club in dem das Leben aus allen Nähten pulsiert. Die Geschichte wird von Fiston Mwanza Mujila im Tempo von Salsa, Rumba und afrikanischem Jazz erzählt. Die Stimmung ist aggressiv und gereizt, Mujila erzeugt eine geradezu hitzige Stimmung, das Leben ist laut und fordernd. Im Tram 83 treffen Lebenskünstler, Minenarbeiter, Studenten, Revolutionäre und internationale Gäste mit geschäftlichen Absichten und wenig Moral aufeinander. Ich habe das Buch fast an einem Stück gelesen, ich konnte es einfach nicht beiseite legen. Ich erfahre eine rasante Geschichte, ich erfahre vor allem eine Erzählperspektive die eben nicht die koloniale, europäische Sicht auf das Leben der Menschen erzählt, sehr wohl bekommen Europäer aber mitgeteilt, was sie angerichtet haben und weiter immer noch anrichten. Ich bin begeistert von den Figuren, ich bin begeistert davon, wie Mujila die Geschichte, die Figuren und die Musik verknüpft. Fazit: Ich will mehr!

Selma Wels (Hg.). anders bleiben. Briefe der Hoffnung in verhärteten Zeiten

Selma Wels (Hg.). anders bleiben. Briefe der Hoffnung in verhärteten Zeiten

Es ist schwer optimistisch zu sein in diesen Zeiten. Mag sein, dass wenn diese Zeilen von anderen gelesen werden, dass Leser das anders sehen. Mein Alltag ist geprägt von Gedanken über das Zusammenleben in Deutschland. Wir stehen kurz vor dem 19.02.. Dann jährt sich der Anschlag von Hanau erneut. Der Vater des Täters bedroht, so konnte man es erst in den letzten Wochen wieder lesen, die Hinterbliebenen, er nähert sich den Räumlichkeiten der Bildungsinitiative Ferhat Unvar. Er darf das nicht, tut es aber trotzdem. Von Polizei und Staatsanwaltschaft hört man darüber Statements, bei denen ich das Achseln-Zucken geradezu sehen kann. Wie kann das sein? Ich könnte jetzt weitermachen mit der Nennung unzähliger rassistischer Übergriffe und mehr. Und ich sehe, wenn ich U-Bahn oder S-Bahn fahre, was Alltags-Rassismus ist.

Entschlossenheit. Mut. Kompetenz

In diesen Tagen lese ich viel. Bücher sind meine ganz persönliche Schutzzone. Gerade hat Selma Wels anders bleiben herausgebracht. Darin schreiben viele Autor*innen Briefe. Diese Briefe sind bewegend, sie sind unsagbar einfühlsam, sie rütteln auf, sind aber vor allem geprägt von einer unerhörten Kraft, von Wissen, vom Willen sich den Platz im Leben, den sich jeder Einzelne erkämft hat, zu verteidigen. Eine Generation steht auf den Schultern ihrer Eltern, Onkels, Tanten, Großeltern und sie stehen auf den Schultern ihrer Herkunfs-Kulturen. Allen gemein sind Geschichten vom Ankommen, es sind Geschichten vom Hier-Sein, es sind Geschichten vom Hier-Geboren-Sein-Und-Doch-Nicht-Akzeptiert-Sein, es sind aber vor allem Geschichten vom stoischen und hartnäckigen Bauen an Zukunft, es sind Geschichten vom Verwurzeln und es sind Geschichten davon, dass Wurzeln sich weit verbreiten können, nicht selten über Erdteile hinweg. Die Briefe strahlen förmlich Wort für Wort, Gedanke für Gedanke und ich lese sie und finde dort die Zukunft, von der ich schon so lange träume. Zusammen Leben. Unterschiede als das sehen was sie sind: Eine große, unfassbare Stärke.

Und eben weil wir auf den Jahrestag des Anschlages von Hanau zugehen und weil jeder Tag ein Tag des Dran-Denkens ist, #saytheirnames:

Said Nesar Hashemi
Hamza Kenan Kurtović
Ferhat Unvar
Sedat Gürbüz
Fatih Saraçoğlu
Gökhan Gültekin
Vili Viorel Păun
Mercedes Kierpacz
Kaloyan Velkov

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