Theodor W. Adorno. Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. Mit einem Nachwort von Volker Weiß

Theodor W. Adorno. Aspekte des neuen Rechtsradikalismus

Gerade erst habe ich Die postmigrantische Gesellschaft ausgelesen von Naika Foroutan, da besprang mich geradezu ein Gedanke. War da nicht etwas? Empirische Sozialforschung? Frankfurter Schule, das Institut für Sozialforschung, Horkheimer, Adorno?

Ich muss euch etwas gestehen: Ich kenne Essays, Niederschriften von Reden Adornos, Horkheimers und anderer, die direkt oder indirekt der Frankfurter Schule zugeordnet werden aber ich habe bisher die originalen Schriften nie gelesen. Ich nehme diese Begegnung von Foroutan und Adorno jetzt einfach als Anlass. Heute las ich also die Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. Ich habe oben im Titel auch Volker Weiß genannt und sein Nachwort. Die Rede Adornos, die er 1967 an der Universität Wien hielt, ist schon prägnant und nicht selten habe ich mich dabei ertappt, ob er diese Rede heute gehalten habe, so aktuell klingen seine Analysen und Bewertungen. Und trotzdem sind die Worte von Volker Weiß sinnstiftend weil sie einordnen und zusätzlichen Kontext geben.

Das Institut für Sozialforschung und seine prägenden Autoren sollen also in den nächsten Monaten meine Begleiter werden. Ich freue mich sehr darauf, auch weil die Beschäftigung mit dem IfS Anlass gibt, sich wieder einen neuen Aspekt in Bezug auf Frankfurt anzuschauen, genauer Frankfurt und die Goethe-Universität. Max Horkheimer, der 1948 zu Sondierungsgesprächen in Sachen des Rück-Umzuges des Institutes in Frankfurt war, schrieb in einem Brief an seine Frau Maidon:

Sie wissen noch nicht genau, sollen sie in mir einen relativ einflußreichen Amerikareisenden oder den Bruder ihrer Opfer sehen, dessen Gedanke die Erinnerung ist. Sie müssen sich fürs letztere entscheiden.

Quelle: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften, hg. von Alfred Schmidt und Gunzelin Schmid Noerr, Bd. 17: Briefwechsel von 1941 – 1948, Frankfurt 1996 (S. 975-978)

Ich liebe Frankfurt. Aber zum Lieben gehört, dass man das ganze Wesen eines Menschen, einer Stadt, eines Dings wahrnimmt. Finde ich.

 

Comments

3 Antworten zu „Theodor W. Adorno. Aspekte des neuen Rechtsradikalismus. Mit einem Nachwort von Volker Weiß“

  1. Tja, man ist fassungslos angesichts der Dimensionen, in denen sich ein ganz neuer Rechtsradikalismus heute in vielen Gesellschaften wie selbstverständlich und auch unbemerkt, unkommentiert und unverständlicherweise unkritisiert ausbreitet. Als wären sowohl das kollektive Denken als auch jegliche Erinnerung ausgeschaltet worden.

    Zum Thema kann und sollte m.E. auch und vor allem Hannah Ahrend nicht fehlen:
    The Origins of Totalitarianism. New York 1951
    https://en.wikipedia.org/wiki/The_Origins_of_Totalitarianism

    1. Hallo Ulrich, es ist schön Dich hier zu sehen. 🙂

      Ich stimme Dir vollkommen zu, überlege allerdings, wie neu diese Entwicklungen wirklich sind oder ob viele von uns und da schließe ich mich ausdrücklich mit ein, ob wir da also Dinge einfach nicht gesehen haben, nicht sehen wollten. Je mehr ich mich befasse mit bestimmten Themen, je mehr wird mir bewusst, dass die Dinge schon immer da waren. Es gab und es gibt Belege. Ich war fast nie Ziel dieses direkten, kalten Hasses. Freunde haben da keine Chance, sie sehen anders aus und sind seit Jahrzehnten Ziel von Angriffen. Die allerschlimmsten dieser Angriffe kennen wir, wenn wir an Schlagworte wie Rostock, Solingen, Halle oder Hanau denken. Dabei sind das aber eben „nur“ die schlimmsten Übergriffe. Wir wissen von NSU 2.0 am Ende nur weil die Gruppe sich selber enttarnt hat. Und ich werfe mir vor, erst viel zu spät damit begonnen zu haben hinzuschauen und dagegen aktiv einzutreten. Wir leben in parallelen Welten und wir tun das nicht weil diese Menschen sich vor uns verschließen sondern wir tun das, jedenfalls auch, weil wir Menschen immer wieder Anders-Machen (= wir und die) anstatt gemeinsam einzutreten für unsere Grundrechte.

      Hannah Arendt. Ja, Hannah Arendt will ich auch unbedingt näher anschauen. Ähnlich wie bei Adorno und Horkheimer und den anderen der Frankfurter Schule kenne ich von ihr auch manche Aussagen, manche Kerninhalte, aber komplett habe ich mich nie mit ihr befasst. Das kommt und ich denke, ich werde sie als Teil eines Ganzen (Kreises von Zeitzeigen) mitlesen, wenn es um die kritische Theorie geht. Das wird lange dauern und ich werde zwischendurch immer wieder auch anderes lesen, denn die kompletten Schriften von Horkheimer, Adorno & Co. umfassen mehrere Regalmeter Texte. 😉

      Aber, nochmal zu Hannah Arendt. Ich habe kürzlich Hannah Arendt – endlich verstehen angehört. Ich muss gestehen, dass ich mich über den Titel richtig geärgert habe, ..endlich verstehen. Ich meine, was soll das? Endlich verstehen? Wtf! Aber, am Ende habe ich es angehört und es finden sich viele für mich neue Informationen und Einordnungen darin. Auch das die Redakteurinnen ein wenig schnoddrig herangehen, ordne ich nun anders ein. Sie gehen ohne die Art von Ehrerbietung heran, mit der man Heilige anschaut und bewertet. Und das ist gut so, denke ich.

  2. Gewiss muss man zunächst unterscheiden: Der Rechtsradikalismus war nie weg. Mit ’neu‘ meine ich die vielen populistischen Strömungen, die – allen voran bspw. der Trumpismus – unweigerlich allesamt in totalitäre Dystopien münden.

    Fassungslos muss man sein angesichts der präzisen Detailanalysen, die mit Theodor Adorno oder Hannah Ahrendt vorliegen. Dort ist alles zum Thema bis in den hintersten Winkel ausgeleuchtet, zerlegt, entlarvt und bewertet. Wer das liest erkennt bereits an der Sprache und dem Vorgehensmuster sofort die ’neuen‘ Agitatoren.

    Trotzdem finden derlei Leute noch immer ihre ebenso glühenden wie ahnungslosen Befürworter und Mitläufer. Schlimm genug , dass es immer wieder zu den von Dir erwähnten Übergriffen kommt (NSU, Rostock, Solingen, Halle, Hanau, usw.).

    Aber es beginnt ja schon viel früher. Inzwischen scheint es selbst unter Amtsträgern keine Tabus mehr zu geben, wie jüngst z.B. die Worte von Hubert Aiwanger zeigen, der immerhin Minister und stv. Miniusterpräsident in Bayern ist! Mit der Sprache fängt es an. Der amtierende stellvertretende Ministerpräsdent Bayerns sagt, …“eine schweigende große Mehrheit dieses Landes“ müsse „sich die Demokratie wieder zurückholen“.

    Ein demokatisch gewählter, hochrangiger Amtsträger dieses Landes stellt die Demokratie jenes Landes in Abrede und meint, die Menschen müssten sie sich zurückholen. Die Fassungslosigkeit wird vertieft, wenn anschließend in den Medien zu lesen ist „ich stehe zu diesem Satz“ und „Nur weil irgendwann mal ein AfD-ler etwas ähnliches gesagt hat, ist das noch lange kein Tabu-Satz für jeden anderen.“
    ( https://www.zdf.de/nachrichten/politik/hubert-aiwanger-kritik-populismus-demo-bayern-100.html )

    Als ob der Wahrheitsgehalt solcher Aussagen davon abhinge, wer sie sagt.

    Wie gesagt: Mit der Sprache fängt es an. Unweigerlich kommt Hannah Ahrends „Banalität des Bösen“ in den Sinn und die von ihr postulierte „seltsame Wechselbeziehung zwischen Gedankenlosigkeit und dem Bösen.“

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