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Kategorie: Lesen

Gümüsay, Obulor und Rosamag

Zwei Bücher. Kübra Gümüşays Sprache und Sein und das von Evein Obulor und dem RosaMag herausgegebene Schwarz wird groß geschrieben

Lange nicht mehr geschrieben. Heute zwei Bücher, die eigentlich in das letzte bzw. das vorletzte Jahr gehören. Kübra Gümüşays Buch Sprache und Sein erschien bereits Anfang 2020. Ich hatte es gekauft, fing an zu lesen und kam nicht rein in den Text. Mein 2020 war sehr stressig und übervoll, vielleicht wars mein Kopf auch. In diesen Tagen soll es endlich soweit sein. Und, gleich danach, werde ich also, ebenfalls endlich, Schwarz wird groß geschrieben lesen. Letzteres ist herausgegeben von Evein Obulor und dem RosaMag. Das RosaMag ist stets eine Quelle für tolle Texte und, einfach um auf tolle Menschen zu treffen. Das Land in dem ich lebe und indem ich uneingefordert stetig Privilegien erhalte, stellt sich für Menschen, die nicht als weißer cis-Mann gelesen werden, permament anders dar und anders heißt hier, voller potentieller Agressionen und Verletzungen. Einfach, weil Menschen über ihr Äußeres interpretiert und eingeordnet werden und weil andere Menschen sich das Privileg leisten, über Rassismus nicht nachzudenken.

Ich möchte nicht in diesem Land leben. Ich möchte in einem Land leben, indem wir aufeinander achten, die Vielfalt lieben und in dem wir wahrhafhtig offen sind. Offen, uns mit rassistischen Traditionen auseinanderzusetzen, offen, um Dinge zu ändern, endlich. Ich will täglich dafür arbeiten. Nein, keine Aufzählung was ich tue und wie ich das meine. Stattdessen die Auffordeung an meine wenigen Leser hier: Schaut hin. Stellt in Frage. Steht ein für wirkliche Werte und nicht für nicht reflektierte und nicht zustehende Privilegien, die viele Menschen etwas kosten.

Disclaimer. Wenn ihr erfahren wollt wie das ist, nicht Teil des privilegierten Teils der Gesellschaft zu sein, dann fragt nicht Betroffene. Lest! Informiert euch eigenständig! Macht es euch nicht leicht auf Kosten dieser Menschen! Mutet vor allem nicht Menschen aus eurem Umfeld, die tagtäglich Ausgrenzung und Rassismus erleben müssen, zu, ihre Geschichten durch das Erzählen erneut durchleben zu müssen. Macht euch selber auf den Weg!

Audre Lorde - Sister Outsider

Lesen? Lesen! Gerade: Audre Lorde – Sister Outsider

Audre Geraldine Lorde war eine US-amerikanische Schriftstellerin und Aktivistin. Sie bezeichnete sich selbst als black, lesbian, feminist, mother, poet, warrior (Schwarze, Lesbe, Feministin, Mutter, Dichterin, Kriegerin). Wenn man sich mit Rassismus beschäftigt und dies mit einem Bezug auf Deutschland, dann stößt man sehr schnell auf ihren Namen. Ich lese gerade Sister Outsider. Schon seit langer Zeit nehme ich harten Rassismus wahr. Er begenete mir seit Jugendtagen im Kindergarten, der Schule, am Arbeitsplatz, in Bussen und Bahnen, beim Bäcker oder im Supermarkt. Ich bin privilegiert, ich gehöre zur Mehrheitsgesellschaft. Schwarze Freunde und Kinder von Familien, die als sogenannte Gastarbeiter zu uns kamen, hatten und haben da weniger Glück, bis heute. Sie finden keine Wohnungen, werden schlechter bezahlt, ihre Kinder werden beim Vorschlag auf welche weiterführende Schule sie gehen sollen, bis heute immer wieder falsch einsortiert, nicht selten mit dem Hinweis, man würde sich doch bei den eigenen Leuten besser fühlen. Wir sprechen von Kindern, deren Eltern ganz oft einen deutschen Pass haben und in Deutschland geboren wurden. Dieser Rassismus passiert oft nicht durch einzelne Menschen die vielleicht ein völkisches Weltbild haben. Die Menschen glauben es gut zu meinen. Es sind aufgeklärte Bildungsbürger, die einfach unreflektiert handeln und so ein Klima schaffen, in dem sich Menschen, die als nicht zur Mehrheitsgesellschaft gehörig gelesen werden, per se nicht angenommen und nicht akzeptiert fühlen. So geht institutioneller Rassismus. Ganz allmählich kommt aber endlich Bewegung in dieses Thema. Danken müssen wir Aktivistinnen wie Natasha A. Kelly, Tupoka Ogette und Autorinnen wie Noah Sow, Sharon Dodua Otoo, Alice Hasters, Bernardine Evaristo, Max Czollek, Mohamed Amjahid und vielen vielen anderen. Das sind natürlich nur einige wenige Namen und ich habe Aktivistinnen und Autoren hier nicht getrennt. Ohnehin verläuft die Grenze fliessend. Manche erreichen Menschen durch ihre Geschichten, andere betreiben Aufklärung und Workshops und es gibt z.B. auch tolle Podcasts. Ich bin nur ein mehr oder weniger alter weißer Mann. Ich kann nur lesen, mich informieren, ich schäme mich immer und immer wieder und habe mich auf den Weg gemacht, um einzuschreiten wo mir Rassismus begegnet und wo ich ein wenig helfen kann.

Die Texte von Audre Lorde sind kraftvoll, glasklar durchdacht und formuliert. Es ist eine große Freude sie zu lesen. Ich würde mir wünschen, dass wir viel mehr Texte auch in deutscher Sprache lesen könnten. Lorde ist Jahrgang 1934 und bereits lange verstorben. In Deutschland wollten wir lange nichts wissen davon, dass wir rassistische Handlungsweisen zutiefst verinnerlicht haben. Menschen fühlen sich angegriffen wenn man das sagt. Dabei geht es um eine tiefgreifendere Art des Rassismus, es geht um einen lange erlernten strukturellen und oft auch institutionellen Rassismus. Aber, ich will hier nur Anstösse geben, will werben dafür, dass viel mehr Menschen sich dem Thema widmen denn erst wenn wir verstanden haben, können wir meiner Meinung nach anderes anstreben und leben.

Zuletzt. Ich befinde mich im permanenten Widerstreit mit mir selber. Dabei geht es mir darum, dass ich als Teil der Mehrheitsgesellschaft Gefahr laufe, dass ich Aufmerksamkeit bekomme obwohl nur die Betroffenen Aufmerksamkeit bekommen sollten. Dies ist hier im Blog der erste Beitrag zum Thema. Ich bin unschlüssig, ob ich Kommentare erlauben soll, denn diskutieren will ich eigentlich nicht über das Thema. Es ist zu groß, es ist zu eindeutig, um etwa Reaktionen in Richtung white privileges hier nochmal durchzukauen. Lest. Informiert euch. Denkt nach. Helft. Unterstützt. Seit einfach da, wenn das gewünscht ist. Nutzt dabei aber bitte nicht Betroffene aus um euch schlauer zu machen. Es ist unsere Aufgabe uns zu informieren, es ist nicht deren Aufgabe unsere Uninformiertheit aufzufangen.

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