Und gleich noch ein Buch. Und ich warne euch vor. Das ist ein Buch, was mich aus den Socken gehauen hat. Şeyda Kurt – Radikale Zärtlichkeit. Ich lernte über ihre Texte auf ze.tt kennen. Und als dann ihr Buch erschien war ich einfach neugierig. Und wurde umgehauen. Selten lese ich Texte mit derart strahlender, reflektierter Klarheit und immer wieder musste ich an Audre Lorde denken. Auch bei ihren Texten und Gedichten findet sich diese entwaffnende Klarheit im Denken und in der Sprache und eine Kraft, die in mir einfach nur sprachloses, glückliches Staunen auslöst. Wie ihr drüben im Bild seht war ich faul und habe mir das Buch, eingelesen von der Autorin selber, angehört. Sie selbst liest ein bzw. vor und das gibt dem Text nochmal mehr eine persönliche Note. Aber, worum geht es?
In Radikale Zärtlichkeit geht es um Liebe vs. Zärtlichkeit, es geht um die klassische monogame Zweierbeziehung vs. offenere Beziehungsformen, es geht um das Thema wer oder was ist Familie und wer oder was sollte Familie sein (dürfen) und es geht um Ehrlichkeit und den Willen trotz dieser Ehrleichtkeit Menschen nicht zu verletzen. Und wenn ihr jetzt denkt, dass das dröge klingt, dann seid ihr sowas von auf dem Holzweg. Ich habe die Kapitel veschlungen, fühlte mich ertappt. Kurts Ideen sind mir vertraut und fremd, sie geben Antworten die nicht beschränken und ausgrenzen sondern die Zusammen – Sein in vielfältigen Formen ermöglicht, neue Zusammenhänge schafft und endlich aufhört damit, Menschen zu bestrafen dafür, sich einer Norm zu entziehen, die für sie vor allem Leid bedeuten würde. Im Buch geht es um Feminismus aber nicht alleine, es geht vor allem darum zu vertrauen und auch darum zu lernen zu den Wünschen zu stehen, die man für richtig hält. Kurz: Es ist definitiv eines meiner Bücher 2021.