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Monat: Januar 2022 Seite 1 von 2

Elif Shafak. Das Flüstern der Feigenbäume

Elif Safak – Das Flüstern der Feigenbäume

Schon wieder ein Buch. Und auch dieses Buch habe ich als Hörbuch gelesen. Eingelesen hat es die wunderbare Eva Mattes und Joachim Schönfeld.

Dieses Buch erzählt eine Liebesgeschichte, die auf Zypern ihren Anfang nimmt. Defne, eine junge Türkin und Kostas, ein junger Grieche, verlieben sich. Damals war das eine Sache, die nicht passieren durfte. Die Besetzung der Insel war noch frisch geschehen. Die Uno hatte zwar eine Friedenstruppe entsandt aber die Menschen waren zutiefst verstört, voller Trauer über den Verlust geliebter Menschen, sie sind in Angst um verschwundene Menschen. Es ist eine traumatische Zeit. In diesem Umfeld lernen sich die beiden jungen Leute kennen. Sie werden von einem Feigenbaum beobachtet, der liebevoll und mit der Geduld eines Baumes die Geschehnisse verfolgt, die sich über Jahrzehnte entwickeln und die sich erst in England allmählich beruhigen, genauso wie er.

Ich habe tatsächlich nicht selten Suppe im Gesicht gehabt beim Zuhören. So bewegend schildert Şafak die Geschichte der Beiden, so sensibel zeichnet sie aber auch die Geschichte der Besetzung nach, sie erzählt eine Geschichte von Vertreibung, von Exil und Sprachlosigkeit, die die Familien bis zum Ende prägen wird. Wenn der Feigenbaum erzählt und auch, wenn Şafak etwas über die Natur der Bäume berichtet, musste ich oft an Peter Wohlleben denken und sein Buch Das geheime Leben der Bäume. Das Flüstern der Feigenbäume ist definitiv auch eines meiner Bücher 2021 im Übergang zu 2022.

Şeyda Kurt. Radikale Zärtlichkeit

Şeyda Kurt – Radikale Zärtlichkeit

Und gleich noch ein Buch. Und ich warne euch vor. Das ist ein Buch, was mich aus den Socken gehauen hat. Şeyda Kurt – Radikale Zärtlichkeit. Ich lernte Şeyda Kurt über ihre Texte auf ze.tt kennen. Und als dann ihr Buch erschien war ich einfach neugierig. Und wurde umgehauen. Selten lese ich Texte mit derart strahlender, reflektierter Klarheit und immer wieder musste ich an Audre Lorde denken. Auch bei ihren Texten und Gedichten findet sich diese entwaffnende Klarheit im Denken und in der Sprache und eine Kraft, die in mir einfach nur sprachloses, glückliches Staunen auslöst. Wie ihr drüben im Bild seht war ich faul und habe mir das Buch, eingelesen von der Autorin selber, angehört. Sie selbst liest ein bzw. vor und das gibt dem Text nochmal mehr eine persönliche Note. Aber, worum geht es?

In Radikale Zärtlichkeit geht es um Liebe vs. Zärtlichkeit, es geht um die klassische monogame Zweierbeziehung vs. offenere Beziehungsformen, es geht um das Thema wer oder was ist Familie und wer oder was sollte Familie sein (dürfen) und es geht um Ehrlichkeit und den Willen trotz dieser Ehrleichtkeit Menschen nicht zu verletzen. Und wenn ihr jetzt denkt, dass das dröge klingt, dann seid ihr sowas von auf dem Holzweg. Ich habe die Kapitel veschlungen, fühlte mich ertappt. Kurts Ideen sind mir vertraut und fremd, sie geben Antworten die nicht beschränken und ausgrenzen sondern die Zusammen – Sein in vielfältigen Formen ermöglicht, neue Zusammenhänge schafft und endlich aufhört damit, Menschen zu bestrafen dafür, sich einer Norm zu entziehen, die für sie vor allem Leid bedeuten würde. Im Buch geht es um Feminismus aber nicht alleine, es geht vor allem darum zu vertrauen und auch darum zu lernen zu den Wünschen zu stehen, die man für richtig hält. Kurz: Es ist definitiv eines meiner Bücher 2021.

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