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Schlagwort: Gesellschaft Seite 5 von 7

Selma Wels (Hg.). anders bleiben. Briefe der Hoffnung in verhärteten Zeiten

Selma Wels (Hg.). anders bleiben. Briefe der Hoffnung in verhärteten Zeiten

Es ist schwer optimistisch zu sein in diesen Zeiten. Mag sein, dass wenn diese Zeilen von anderen gelesen werden, dass Leser das anders sehen. Mein Alltag ist geprägt von Gedanken über das Zusammenleben in Deutschland. Wir stehen kurz vor dem 19.02.. Dann jährt sich der Anschlag von Hanau erneut. Der Vater des Täters bedroht, so konnte man es erst in den letzten Wochen wieder lesen, die Hinterbliebenen, er nähert sich den Räumlichkeiten der Bildungsinitiative Ferhat Unvar. Er darf das nicht, tut es aber trotzdem. Von Polizei und Staatsanwaltschaft hört man darüber Statements, bei denen ich das Achseln-Zucken geradezu sehen kann. Wie kann das sein? Ich könnte jetzt weitermachen mit der Nennung unzähliger rassistischer Übergriffe und mehr. Und ich sehe, wenn ich U-Bahn oder S-Bahn fahre, was Alltags-Rassismus ist.

Entschlossenheit. Mut. Kompetenz

In diesen Tagen lese ich viel. Bücher sind meine ganz persönliche Schutzzone. Gerade hat Selma Wels anders bleiben herausgebracht. Darin schreiben viele Autor*innen Briefe. Diese Briefe sind bewegend, sie sind unsagbar einfühlsam, sie rütteln auf, sind aber vor allem geprägt von einer unerhörten Kraft, von Wissen, vom Willen sich den Platz im Leben, den sich jeder Einzelne erkämft hat, zu verteidigen. Eine Generation steht auf den Schultern ihrer Eltern, Onkels, Tanten, Großeltern und sie stehen auf den Schultern ihrer Herkunfs-Kulturen. Allen gemein sind Geschichten vom Ankommen, es sind Geschichten vom Hier-Sein, es sind Geschichten vom Hier-Geboren-Sein-Und-Doch-Nicht-Akzeptiert-Sein, es sind aber vor allem Geschichten vom stoischen und hartnäckigen Bauen an Zukunft, es sind Geschichten vom Verwurzeln und es sind Geschichten davon, dass Wurzeln sich weit verbreiten können, nicht selten über Erdteile hinweg. Die Briefe strahlen förmlich Wort für Wort, Gedanke für Gedanke und ich lese sie und finde dort die Zukunft, von der ich schon so lange träume. Zusammen Leben. Unterschiede als das sehen was sie sind: Eine große, unfassbare Stärke.

Und eben weil wir auf den Jahrestag des Anschlages von Hanau zugehen und weil jeder Tag ein Tag des Dran-Denkens ist, #saytheirnames:

Said Nesar Hashemi
Hamza Kenan Kurtović
Ferhat Unvar
Sedat Gürbüz
Fatih Saraçoğlu
Gökhan Gültekin
Vili Viorel Păun
Mercedes Kierpacz
Kaloyan Velkov

Fatma Aydemir. Dschinns. Gelesen von Sesede Terziyan

Fatma Aydemir. Dschinns. Gelesen von Sesede Terziyan

Ich muss mich entschuldigen. Gerade habe ich gemerkt, dass ich über Dschinns an etlichen stellen gesprochen habe, dass ich auch in Social Media aktiv war, dass ich aber hier bisher kein einziges Wort verlor darüber. Was erlauben Markus?! Aber, von Anfang an..

Dschinnin

Dschinnen, ist in der islamischen Vorstellung ein Wesen, das aus „rauchlosem Feuer“ erschaffen ist, über Verstand verfügt und neben den Menschen, Satanen und den Engeln mit anderen Dschinn die Welt bevölkert. Nur in Ausnahmesituationen werden Dschinn den Menschen sichtbar. Weit verbreitet ist die Vorstellung, die Dschinn könnten in die Körper von Menschen fahren und sie verrückt machen.

Quelle: Der Artikel über Dschinnin aus der deutschen Wikipedia Seite, zitiert aus dem Stand vom 16.08.2022

Dschinns. Dschinns, das sind Geister. In Fatma Aydemirs Roman wird die Geschichte einer Familie erzählt, die zu einem traurigen Anlass zusammenkommt. Der Mann und Vater ist verstorben. Und alle bringen auf der Heimreise von Deutschland in die Türkei und dann Vorort all ihre Dschinns, ihre Geister mit. Vier Kinder hat der Vater Hüseyin und auch seine Frau tritt die schmerzvolle Reise an, alle erfahren Schmerz neu. Nicht raus können aus seiner Gedanken- und Wertewelt und damit die Kinder und auch die Frau zutiefst verletzen, Grenzen erfahren im Zusammenleben mit der deutschstämmigen Gesellschaft, die unfähig ist zu integrieren und viel zu oft sogar hilft Leid zu produzieren. Es sind aber auch Geschichten von Sehnsucht, von Träumen und von Entbehrungen und von hart erkämpften Erfolgen, die sich oft zuerst gar nicht so anfühlen und von Schmerz.

Fatma Aydemirs Sprache und Erzählweise hat mich schlicht umgehauen. So dicht, so wortmächtig, so intensiv erzählt sie diese Geschichte, dass ich kaum aufhören konnte mit Lesen. Lesen, denkt ihr jetzt? Ja, es stimmt, ich habe das Buch angehört. Sesede Terziyan gibt ihre wundervolle Stimme, gibt auch all ihr schauspielerisches Einfühlungsvermögen und erzeugt, wie ich es empfinde, noch mehr fühlbare Emotion. Dschinns wurde übrigens auch für das Theater adaptiert und am 07. Juli 2022 in Mannheim uraufgeführt.

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